„Gerechtigkeit für die Opfer von Agent Orange in Vietnam!“

Schritt für Schritt macht diese Forderung ihren Weg. Zum ersten Mal seit dem Ende des amerikanischen Krieges in Vietnam gehen Menschen wieder auf die Strasse, nun um mit Nachdruck auf die Spätfolgen dieses Krieges aufmerksam zu machen. Am 6. November fanden in San Francisco, Stockholm, Paris, Nimes und weiteren Städten Europas und der USA Aktivitäten statt. In Paris wurde symbolisch eine „Mauer des Friedens“ errichtet.

Prof. Nguyen Trong Nhan, der ehemalige Gesundheitsminister Vietnams und spätere Präsident des Vietnamesischen Roten Kreuzes, reiste im Dezember mit Agent Orange Opfern durch die Vereinigten Staaten. Ziel dieser Reise ist es, der Öffentlichkeit in den USA die Realität vor Augen zu führen und für die Klage der Agent Orange Opfer gegen die 37 Herstellerfirmen des Giftes zu sensibilisieren. Umfragen zeigen, dass inzwischen über die Hälfte der US-Bevölkerung zur Einsicht gelangt ist, dass für die Opfer etwas getan werden müsse.

Die legendäre Mme Nguyen Thi Binh, ehemalige Aussenministerin der Provisorischen Revolutionsregierung Südvietnams und spätere Vizepräsidentin der Sozialistischen Republik Vietnam, war in ähnlicher Mission in Europa unterwegs. An Treffen mit Vertreterinnen und Vertreter der Solidaritätsbewegung wurden die weiteren Schritte der internationalen Kampagne zu Gunsten der Opfer der Chemiewaffeneinsätze besprochen. Die Präsidentin der Vereinigung Schweiz-Vietnam hat am Treffen in Paris teilgenommen.

Das Thema des chemiewaffen-Einsatzes in Vietnam wurde in der Schweiz Ende der sechziger Jahre erstmals aufgegriffen. In der von der Centrale Sanitaire Suisse herausgegebene Broschüre „Vietnam – Dokumente über den chemisch-bakteriologischen Krieg“ hatte Dr J.P. Guignard zusammen mit weiteren Ärzten in der Romandie beunruhigende Informationen zusammengetragen. In der Wahrnehmung standen damals jedoch die Bombardierungen und die blutigen Kriegsgräuel im Vordergrund, sowohl in Vietnam selbst als auch in der internationalen Berichterstattung.

Zum 25. Jahrestag der Befreiung Südvietnams, der auch das Ende des Krieges brachte, gestalteten der Autor Peter Jaeggi und der Fotograf Roland Schmid im Auftrag verschiedener Schweizer Hilfswerke unter dem Titel „Als mein Kind geboren wurde, war ich sehr traurig“, die eindrückliche Ausstellung zu den Spätfolgen der Chemiewaffeneinsätze, deren Vernissage in Basel auf breites Medienecho stiess. Später wurde die Ausstellung durch die Vereinigung Schweiz-Vietnam in mehreren weiteren Städten gezeigt und dabei auch in die Romandie gebracht.

Das gleichnamige Buch, ein erweiterter Ausstellungskatalog, kann bei der VSV in deutscher und französischer Sprache zum Preis von Fr. 39.80 bestellt werden.

Die Spätfolgen von Agent Orange sind seit gut fünf Jahren das Schwerpunktthema der VSV. Sie hat die Stockholmer Konferenz über Langzeitschäden des Krieges in Kambodscha, Laos und Vietnam vom Juli 2002 sowohl finanziell, als auch durch die aktive Teilnahme und anschliessende Übersetzungsarbeiten unterstützt.

Das gleiche gilt für die Pariser Konferenz vom März 2005. In ihrer Publikation, dem „Hoa Binh“ (was übersetzt „Frieden“ heisst), berichtet die VSV regelmässig über die Langzeitschäden der Chemiewaffeneinsätze und die wachsende Bewegung, welche Gerechtigkeit für die Opfer fordert. Daneben werden andere Aspekte wie z.B. die Süd-Süd-Kooperation Vietnams in Afrika oder ökologische und kulturelle Fragen aufgegriffen, Meist sind es Themen welche in der hiesigen Berichterstattung zu Vietnam kaum Beachtung finden. Zum 30. Jahrestag der Deklaration der Unabhängigkeit Vietnams hat die VSV eine Sondernummer herausgebracht. Ausgaben des Hoa Binh können bei der VSV kostenlos bezogen werden.

Die Unterstützung der VSV gilt ferner ganz direkt der Klage der Agent Orange Opfer gegen die Herstellerfirmen des dioxinhaltigen Giftes. So hat sie der vietnamesischen Vereinigung der Agent Orange Opfer im Frühling dieses Jahres zwei Tausend Dollar und die gesammelten Unterschriften unter die Petition an die US-Regierung übergeben. Derzeit beteiligt sie sich an der internationalen Kartenaktion. Auch diese Karten können bei der VSV bezogen werden.

Wie hiess es doch vor über vierzig Jahren: „Solidarität…“ Im Kampf um Gerechigkeit für die Opfer von Agent Orange braucht Vietnam uns noch einmal.

Anjuska Weil, Januar 2006