Vietnam braucht unsere Solidarität noch einmal
Zur Agent Orange Konferenz in Paris, 11. und 12. März 2005
Die Pariser Konferenz, welche die französisch-vietnamesische Freundschaftsgesellschaft organisiert hatte, wurde zu einem vollen Erfolg.
Fast 300 Personen, unter ihnen Persönlichkeiten wie Madame Nguyen Thi Binh, ehemals Vizepräsidentin der Republik Vietnam oder die Senatorin Madame Hélène Luc waren zu dieser 2. Konferenz gekommen, die in den prestigeträchtigen Räumen des französischen Senats stattfand. [1] Aus Vietnam nahm eine bedeutende Delegation teil. Ihr gehörten unter anderen Dang Vu Minh, Präsident der Akademie der Wissenschaften Vietnams an, der Umweltwissenschafter Vo Quy, Nguyen Thi Ngoc Phuong, Direktorin des Tu Du Frauenspitals von Ho Chi Mihnh-Stadt, VertreterInnen der Vereinigung der Agent Orange Opfer, unter ihnen die bekannte Ärztin Phan Thi Phi Phi. Aus Belgien, England, Schweden, Monaco, der Schweiz und den USA waren Leute aus mit Vietnam solidarischen Organisationen angereist. Unter den Teilnehmenden aus Frankreich waren zahlreiche VietnamesInnen, auch junge der 2. und 3. Generation, deren Engagement den Agent Orange Kindern gilt.
Die ReferentInnen aus Vietnam, den USA und Frankreich berichteten über den Stand ihrer Arbeit. Dabei gruppierten sich die Themen der Konferenz in fünf Bereiche: Geschichte des Einsatzes von Chemiewaffen im Krieg in Vietnam, Bilanz der Studien zu Epidemiologie und Gesundheitssituation, Zustand des Ökosystems und Perspektiven zu dessen Verbesserung, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen, sowie juristische Aspekte.
Letztere erhielten durch die Nachricht des Nichteintretens auf die Klage der Opfer seitens des Gerichts in Brooklyn NY zusätzliches Gewicht. So wurden denn auch mehrere Vorschläge zum weiteren Vorgehen eingebracht. Alle waren sich dabei in zwei Punkten einig: der Kampf um Gerechtigkeit für die Opfer muss weitergehen und er ist eine langfristige Aufgabe. Dies hielt auch Luu Van Dat, Rechtprofessor und Mitglied des Büros der Internationalen Vereinigung der demokratischen Juristen in seinem eindrücklichen Votum fest, in welchem er juristische Faktenlage, Rechtempfinden und Emotionen überzeugend zur Einheit verband. Über die Schritte auf dem langen Weg entscheidet die vietnamesische Seite souverän in Abwägung aller Konsequenzen. Ein Beispiel illustriert diesen Aspekt: Es wäre durchaus denkbar, dass der Internationale Gerichtshof für Menschenrechte aufgrund der vorliegenden Fakten zum Schluss käme, dass der massive Einsatz der dioxinhaltigen Gifte als Verletzung der Bestimmungen zum Schutze von Zivilpersonen zu werten sei, auch wenn die Substanzen als Herbizide gehandelt werden. Und es wäre ebenso denkbar, dass die USA von einer Mehrheit der Staatengemeinschaft dafür verurteilt würden. Aber dann? Welche Konsequenzen hätte Vietnam zu gewärtigen?
Wie ein roter Faden zog sich die Dringlichkeit der Bedürfnisse der Agent Opfer durch die beiden Konferenztage. Sie können nicht warten, bis die wissenschaftlichen Studien weiter vorangetrieben worden sind. Sie leiden jetzt und brauchen jetzt Hilfe. Um diese im notwendigen Umfang zu leisten, ist eine breite Solidaritätsbewegung unabdingbar. Sie aufzubauen ist die Herausforderung, die allen KonferenzteilnehmerInnen ins Gepäck gelegt wurde.
Anjuska Weil
[1] Die 1. Konferenz hatte im Juli 2002 in Stockholm stattgefunden, Hoa Binh Nr. 22 informierte ausführlich darüber.