Zur Geschichte von Leprahilfeplus Vietnam
Soeur Xuan mit einem ehemaligen Leprakranken und dessen Enkel
Im Mai 1990 erhielt unsere Freundin Els Goldstein ihre Krebs-Diagnose. Für sie war rasch klar, dass sie sich nicht einer Operation mit ungewissem Ausgang unterziehen wollte. Die verbleibende Zeit wollte sie – unterstützt durch Palliativmedizin – vielmehr dafür nutzen, noch Dinge zu tun, die ihr wichtig waren. Dazu gehörte ihr Erspartes aufzuteilen. Menschen im Globalen Süden, die krank, arm und ausgegrenzt waren, sollten zu den Begünstigten gehören. Vietnam war eines der Länder, in denen sie sich schon früher engagiert hatte. Was lag da näher als ein Beitrag zugunsten der Leprakranken in Vietnam? Begleitet von ihrer Tochter unternahm sie im Oktober eine letzte Reise – nach Paris. Auf der vietnamesischen Botschaft (damals hatte Vietnam noch keine Vertretung in Bern) wurde ihr Anliegen sorgfältig besprochen und Kontakte in die Lepra-Abteilung des Bach-Mai-Spitals in Hanoi wurden eingefädelt. Nebst diesen Abklärungen lag der ersehnte Besuch der Basilia Sacré-Coeur gerade noch drin.
Anfang 1991 wurde die Struktur eines kleinen Vereins geschaffen. Einerseits galt es Verantwortliche zu designieren, andererseits sollte die Arbeit auch nach dem Tod von Els weitergehen. Sie selbst wurde erste Präsidentin des Vereins, für drei Wochen, dann schloss sie am 11. März ihre Augen für immer.
Über 40 Jahre sind seither vergangen. Ihr Wunsch ist in Erfüllung gegangen und hat sich in eine solide, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Programm zur Überwindung der Lepra in Vietnam entwickelt, welches nun dem Nationalen Spital für Dermatologie und Venerologie, angegliedert ist.
In diesem Universitätsspital finden auch Patient:innen mit anderen schweren und komplizierten Hautkrankheiten fachkundige Behandlung.
Während die Kampagne zur Überwindung der Lepra die Erkrankten ermutigt ihre Krankheit nicht zu verstecken, sondern sich behandeln zu lassen, brauchte und braucht es teilweise noch heute, eine landesweite Aufklärung der Öffentlichkeit. Es galt und gilt zu verstehen, dass Lepra heute behandelbar ist wie eine andere Hautkrankheit und die Kranken nicht mehr angstvoll ausgegrenzt werden müssen. An diesen Punkt zu gelangen, war eine riesige Aufgabe, erforderte einen jahrelangen, geduldigen, zielgerichteten Dialog mit der Bevölkerung. Bis junge, medizinisch Geheilte oder gar nicht erst Erkrankte aus einem inzwischen geöffneten Lepradorf z.B. in eine Berufsschule aufgenommen wurden, mussten zuerst die Lehrkräfte und dann die Eltern der gesunden Schülerinnen und Schüler überzeugt werden, dass von diesen neu zugelassenen Lehrlingen keine Gefahr ausging.
Parallel dazu hat Leprahilfeplus zahlreiche Berufsbildungskurse für ehemalige Leprakranke und Kinder von Leprakranken finanziert, an denen nach und nach auch andere besonders Benachteiligte, oft Frauen, teilgenommen haben. Begonnen wurde mit der Ausbildung zu Schneiderinnen, später sind verschiedene weitere Lehrgänge dazugekommen: Motorrad- und Lastwagenmechaniker. Schreiner:innen, Elektriker:innen, Herstellung von Kunsthandwerk. Jeder Lehrgang schloss mit einem Diplom ab. Gemeinsam war allen Lehrgängen, dass das Gelernte am Wohnort der Ausgebildeten ausgeübt werden konnte, denn oft trugen sie die Verantwortung für behinderte Familienmitglieder.
Ausbildung zu Motorradmechanikern
Gemeinsam war diesen Lehrgängen auch, dass den frischgebackenen Berufsleuten die Grundlage für die Ausübung ihres Berufes abgegeben wurde, sei dies eine Nähmaschine oder eine Tasche voller Werkzeuge. Um Lernwilligen aus verschiedenen Landesteilen eine Ausbildung zu ermöglichen, wurden die Kurse dezentral in Berufsschulen verschiedener Provinzen durchgeführt. Über die Jahre wurden mehr als30 Lehrgänge mit je 14 – 20 Teilnehmenden durchgeführt.
Ausbildung zur Schneiderin
Heute ist es selbstverständlich, dass diese Lehrlinge mit anderen Jungen zusammen die Berufsschulklassen besuchen.
Dringend gefragt sind hingegen die Weiterbildungen für medizinisches Personal, die refreshing trainings.